XI: Uttarakhand (Seite 2)

 

Im Kailash Ashram fühlten wir uns sehr wohl und man war uns sehr freundlich gesonnen.
Swami Vidymanda Puri hatte mir noch einige Bücher bezüglich hinduistischer Philosophie empfohlen und begleitete mich in die hiesige Bücherei.

Er selbst ist aus Kerala im Süden Indiens und erzählte mir, wie er davon träume eines Tages dort in einer bescheidenen Hütte an den Backwaters, irgendwo bei Allappuzha, zu leben.

Am 26. Oktober verließen wir dann schließlich den Ashram.

Die indische Art der Müllentsorgung ist äußert bemerkenswert, denn so wird morgens all der Müll - oder zumindest ein Teil davon - welcher tagsüber überall auf den Boden geworfen wird, zusammengekehrt und angezündet.
Den Rest erledigen dann die Schweine.

Oder die Hunde, oder die Kühe - oft auch Affen.
Die Tiere fressen häufig Zeitungen und auch Plastik, was gravierende gesundheitliche Folgen hat.
Die Müllentsorgung scheint mir ein generelles Problem hierzulande zu sein. Nicht selten beobachteten wir Leute, wie sie einfach zu ihren Fenstern oder auf ihre Balkons gehen, um von dort aus den Müll - völlig gedankenlos - auf die Straße zu entsorgen, wo er dann herumliegt. Hinzu kommen all der Mist der Tiere und die Beseitigung der menschlichen Fäkalien, welche teilweise einfach aus den Häusern heraus in angrenzende Büsche geschieht. Dementsprechend ist ein stetiger Geruch von Kot und Urin allumgebend in einem Gemisch, zu welchem sich Abgase gesellen und die ein immer anhaltendes Hupen und laute Motorengeräusche untermalen.
Es ist manchmal schwierig unter all diesen Bedingungen Inspiration zu finden.

So verließen wir Uttarkashi und setzten unsere Reise durch den Bundesstaat Uttarakhand fort, indem wir zunächst einen Bus Richtung New Tehri nahmen.

Da der Bus eine andere Route einschlug, gingen wir das letzte Stück nach New Tehri zu Fuß.
Allerdings haben wir mittlerweile beschlossen zwischen unseren Zielen in Indien gänzlich mit Bus und Bahn zu fahren, da wir doch zuletzt gar keine Freude und Anregung mehr im Wandern fanden und Indien was dies angeht sehr wenig einladend auf uns wirkt. Zudem wollen wir uns vertieft dem Studium der indischen Philosophie und unserem Buch widmen, welches ja noch immer durch unsere Handlungen fortwährend an neuem Inhalt gewinnt.

Wir wollten in New Tehri nicht verweilen, sondern beabsichtigen in einen Bus nach Devaprayag zu steigen. Zu diesem Ort, ab welchem der Ganges fortan Ganges genannt wird, also ein markanter Punkt unserer Reise entlang dieses Flusses.

Wir fuhren an der Tehri-Talsperre vorbei.

Sie versorgt Teile in Delhi, Uttar Pradesh und Uttarakhand mit 1 Million m³ Trinkwasser pro Tag.

Als Marlon während einer kurzen Pause Tee holte, beobachtete ich diesen Hirtenmaina. Ein Vogel der in Städten in diesen Teilen des Landes sehr präsent ist und von Menschen auch in Neuseeland, Südafrika, Australien und Nordamerika eingeführt wurde. Sein ursprüngliches Verbreitungsgebiet beläuft sich auf das südliche Asien von Afghanistan über Indien bis nach Sri Lanka hinunter. In Teheran hatten wir noch dessen Verwandte im Zoofachhandel gesehen.

Und ich beobachtete diese Frauen, welche Steine auf ihren Köpfen fort trugen - das erinnert mich irgendwie an Das Dschungelbuch, an diese Szene, wo Mogli zum ersten Mal jenes Mädchen erblickt, für welches er zu leben glaubt, da auch sie einen Wasserkrug auf dem Kopf trägt.

Dann versuchten wir Tee zu trinken, während der Bus immerzu auf und ab geschüttelt wurde, die holprige Straße entlang rasend.

Gegen Abend erreichten wir am 195. Tag unserer Reise Devaprayag.

Es dämmerte und der Ort schien nicht gerade mit einer Fülle von Gasthäusern oder Ashrams gesegnet zu sein.
Doch nach einiger Zeit gelangten wir an dieses Gasthaus. Ich stellte die sinnlose Frage, ob es noch andere Gasthäuser oder Ashrams im Ort gäbe. Ich hätte Ihnen die Antwort recht genau vorhersagen können, denn alle anderen Gasthäuser, die es irgendwann mal gegeben hatte, haben zugemacht, da sie überschwemmt wurden und der Besitzer versicherte uns, das Seine, sei doch das einzige, welches aufgrund seiner hohen Lage verschont wurde.

Ein weiterer Punkt, warum Indien oft wenig inspirierend auf uns wirkt, ist der, dass man einfach so gut wie überall belogen und betrogen wird, auch wenn es oft nur um wenige Rupien geht.

Über den Preis von 150 Rupien für zwei Personen konnten wir uns nicht beklagen, doch waren die Gegebenheiten nicht gerade dies, was man einen Augenschmaus nennen würde.

Vor allem die Bettwäsche - Kissen und Decken - waren doch wenig, eher gar nicht, ansehnlich.

Wir teilten uns das Zimmer mit zwei Sikhs - einem Vater und seinem Sohn - die uns vor Moslems warnten, da diese doch alle Betrüger seien.

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